Otti Rehorek ist für immer verstummt

Otto Rehorek
Donnerstag, 28.07.2016 // 18:24 Uhr

Eine grosse Persönlichkeit des kulturellen, sportlichen und gesellschaftlichen Lebens der Region Basel ist nicht mehr: In den Morgenstunden des 28. Juli 2016 ist Otti Rehorek im Alter von 94 Jahren gestorben. Zu den verschiedenen Bühnen, die sein Zuhause waren, gehörten auch der Landhof und das frühere Joggeli. Denn rund 30 Jahre lang begleitete er die Spiele des FCB in diesen beiden Basler Stadien als Speaker mit unverkennbarer Stimme und oft mit subtiler Ironie.

Ein Sympathieträger: Das war Otti Rehorek für den FC Basel 1893 während Jahrzehnten, und war das zu einer Zeit, als dieser Begriff noch überhaupt nicht Mode war. Von 1964 bis 1995 begleitete er alle Heimspiele des FCB als Speaker, was eigentlich eine kümmerliche Beschreibung für das ist, wie Otti Rehorek am Mikrofon die Matchbesucher durch die Spiele geführt hatte. Gewiss, da war in erster Linie mal sein Kerngeschäft: Zu informieren über Mannschaftsaufstellungen, über Torschützen, über Auswechslungen. Allein das tat Rehorek auf unvergessliche Weise. Seine markante Stimme, die sich aber nie überschlug, sein Talent, ohne Holperer durch die Sätze zu kommen, seine Fähigkeit zur Improvisation, sein Respekt vor Gegnern machten ihn zu einer im ganzen Schweizer Fussball bekannten und geschätzten Figur.

 

Die grösste Aufmerksamkeit aber erhielt Otti Rehorek dann, wenn Improvisation, Spontanität und subtiler Humor gefragt waren. Das war zu einer Zeit, als sich üble Stadiongänger im alten Joggeli noch gelegentlich zu rassistische Kundgebungen hinreissen liessen. Mit messerscharf genauen Wortmeldungen übers Mikrofon, aber ohne kontraproduktive Moralpredigten vermochte Rehorek derartiger Unsitte oft sofortigen Einhalt zu gebieten. Und war subtile Ironie angebracht, übertrat er nie eine gewisse Grenze. Seine Worte waren respektvoll gewählt, billige Pointen waren seine Sache nicht. Rehorek schaffte es vielmehr in einer Art und Weise zu kommunizieren, wie es an keinem Seminar gelernt werden kann: Humorvoll, aber nicht verletzend, und mitunter auch so verklausuliert, dass er es nicht wörtlich auszudeutschen brauchte – und es dennoch jedermann im Stadion verstand. Ein Beispiel dieser Form von feiner Rhetorik sei hier so zitiert, wie es der Basler Journalist Peter Bollag vor rund drei Jahren in seiner Biografie über die Schauspieler Buddy Elias und Otti Rehorek erzählte:

 

„…kurz vor der Pause wird ein Basler Stürmer von einem gegnerischen Verteidiger penaltywürdig gefoult…Die Pfeife des Schiedsrichter aber bleibt stumm, kurz danach pfeift er doch – zur Pause.“  Jetzt, so schreibt Bollag weiter, habe Rehorek,  zu dessen Aufgaben damals auch die Werbedurchsagen gehörten, kurzerhand einen „Spot“ improvisiert und übers Mikrofon verbreitet: „Vor der Tribüne steht während der Pause der Optiker Jeker vom Spalenberg, er würde dem einen oder anderen im Stadion gerne eine Brille anpassen. Bitte sich bei ihm melden.“

 

Die Zuschauer hätten sofort verstanden und zu lachen und applaudieren begonnen, der Schiedsrichter aber habe die seiner Ansicht nach unbotmässige Durchsage rapportiert, was Rehorek eine Ermahnung des Schweizerischen Fussballverbandes eingetragen hatte. Es war seine einzige, ja, oft setzte der Verband Rehorek auch für Länderspiele ein, denn der Ruf des träfen, charmanten Stadionsprechers mit jenem „Extra“, das in der Restschweiz so etwas wie als „Basler Humor“ galt, hatte die regionalen Grenzen längst überschritten.

 

1964, kurz vor Helmut Benthaus gekommen war und die erste grosse Basler Erfolgs-Ära eingeläutet hatte, war Otto Rehorek erstmals bei einem FCB-Spiel am Mikrofon – mangels passender Infrastruktur versteckt hinter einem vergitterten ebenerdigen Fensterchen im Landhof-Stadion und praktisch ohne Blick aufs Spielfeld. 31 Jahre und sieben FCB-Meistertitel später legte er 1995 das Mikrofon zur Seite. Es war ein Jahr nach dem Wiederaufstieg des FCB in die höchste Liga, den der FCB 1994 nach sechsjährigem Darben in der Nationalliga B endlich geschafft hatte. „Nach dieser Rückkehr wollte ich“, gestand Rehorek später seinem Biografen Bollag, „noch einmal eine Saison lang das Nationalliga-A-Feeling spüren, danach war es Zeit, aufzuhören.“

 

Es war das freiwillige Ende der Laufbahn eines beliebten Schweizer Stadionsprechers, der dem FCB zwischendurch auch als Vorstandsmitglied und als nebenamtlicher Pressechef zur Verfügung gestanden war. Doch so wenig wie 1964 sein Debut als Speaker der Anfang seiner vielseitigen Karriere gewesen war, so wenig setzte sich Rehorek zur Ruhe, nachdem er beim FCB das Stadionmikrofon seinem Nachfolger Peter Küng weitergereicht hatte.

 

Denn in einer anderen Sparte war Otto Rehorek schon lange vor seiner FCB-Zeit berühmt geworden, und zwar als kongenialer Partner des vor gut einem Jahr verstorbenen grossartigen Basler Schauspielers Buddy Elias. Als Eisclowns tourten die beiden in den Fünfzigern jahrelang mit der Show „Holiday on Ice“ durch die ganze Welt. Einzig in Basel selbst seien diese anhaltenden internationalen Erfolge der beiden Eisclowns „Buddy and Baddy“ auf etwas merkwürdige Weise ziemlich kühl zur Kenntnis genommen worden, wie es im Buch „Zwei Eisclowns erobern die Welt“ festgehalten ist.

 

Kühl liess Rehorek seine Basler Landsleute dann allerdings weder als FCB-Speaker noch als legendärer Fasnächtler. Er glänzte als Darsteller im Drummeli, für das er gelegentlich auch textete,  begeisterte als Schauspieler neben Alfred Rasser in einem HD-Läppli-Stück und war ein begabter Laternenmaler.

 

Nach seiner Zeit als hauptberuflicher Eisclown waren FCB und Fasnacht „nur“ mehr Hobbys, wenn auch aufwändige. Denn von nun an arbeitete er in seinem gelernten Beruf als Grafiker. Und auch von diesem Talent profitierte der FCB häufig. Die Gestaltung von Matchplakaten waren eine Zeitlang Otti Rehoreks Werk. Und noch vor rund vier Monaten präsentierte er im Auftrag des FCB höchst persönlich den neuen Mehrwegbecher vom St. Jakob-Park, den er mit den „Joggeli“-Motiv des 1999 verstorbenen Künstlers Herbert Leupin selber entworfen hatte.

 

Damit ist auch angedeutet, dass Otti Rehorek bis ins hohe Alter mit beneidenswerter Vitalität und Klarheit unter uns war. „Unter uns“ ist dabei durchaus wörtlich zu verstehen, denn er kam noch bis vor kurzem an jedes Heimspiel des FCB. Dabei war er zwar nicht mehr ganz so flink zu Fuss wie ehedem, aber nie liess er es sich nehmen, am Arm eines seiner Söhne kurz im Media Center vorbeizukommen.

 

Am vergangenen 24. Juli schaute er sich am TV noch interessiert das Saisoneröffnungsspiel des FCB gegen den FC Sion und hat dabei auch die Trauerminute für den früheren FCB-Präsidenten Felix Musfeld zur Kenntnis nehmen müssen. Otti Rehorek war mit Felix Musfeld gut befreundet, beide starben jetzt diesen Sommer, beide nur wenige Wochen nach ihrem 94. Geburtstag.

 

Eine vertraute Basler Stimme wird fehlen - im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Den hinterbliebenen Nächsten, vor allem seiner Lebenspartnerin Edith Hauenstein und deren Familie, sowie den beiden Söhnen mit Familien gehört die aufrichtige Anteilnahme seitens der Führung, der Trainer, Spieler, Mitarbeitenden und gewiss auch aller Fans des FC Basel 1893. 

 

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