Taulant Xhaka: «Ich hoffe, in der Kurve hat es noch einen freien Platz»

Interview
Samstag, 24.05.2025 // 10:00 Uhr

Mit Taulant Xhaka beendet zum Schluss dieser Saison ein FCB-Urgestein seine Karriere. Im Alter von zwölf Jahren kam er in die Nachwuchsabteilung des FC Basel 1893 und spielte seither, mit Ausnahme einer eineinhalbjährigen Leihe bei GC, ununterbrochen für den FCB. Über 400-mal streifte er sich das rotblaue Trikot über. Xhaka polarisierte oft mit seiner Spielweise sowie seiner Art. Genauso wie er Emotionen aller Art auslöste, lebte er diese aus und schlug dabei auch das eine oder andere Mal über die Stränge. Sicher ist aber, dass mit ihm ein Spieler mit einem sehr grossen rotblauen Herz zurücktritt. Und vor seinem letzten Auftritt im Joggeli blickten wir mit ihm nochmals auf seine Karriere zurück und wagten einen kleinen Ausblick in die Zukunft.

Taulant Xhaka, wann kamst du das erste Mal mit dem FCB in Berührung?
Wir wohnten früher neben Jean-Michel Tchouga, der damals beim FCB spielte. Wir gingen immer wieder bei ihm klingeln und weil er so ein netter Kerl war, hat er uns auch manchmal Fussballschuhe geschenkt. Wir waren eine grosse Kinderschar im Quartier, alle wollten etwas von ihm. Unsere Eltern sagten Granit und mir dann einmal, dass wir ihn in Ruhe lassen sollten. So habe ich das erste Mal etwas vom FCB und seiner Bedeutung für die Stadt mitbekommen. Die nächste prägende Erinnerung war dann als Balljunge, da realisierte ich, was es bedeutet, in diesem Stadion aufzulaufen.

Im Alter von 12 Jahren bist du in die rotblaue Nachwuchs-Abteilung gewechselt. Hast du Erinnerungen an dein erstes Training?
Ja klar, Remo Gaugler hat Granit und mich im Sommer 2003 von «Congeli» zum FCB geholt. Schon damals spielten einige grosse Talente in der Nachwuchsabteilung wie Xherdan Shaqiri oder Marco Aratore. Wir waren daher sehr nervös zu Beginn, wurden dann aber schnell von allen gut integriert und so fühlte ich mich schnell sehr wohl.

Was würdest als dein Highlight aus der Juniorenzeit bezeichnen?
Das war der Nike Premier Cup 2006. Wir haben uns über das Schweizer Turnier für die europäische Endrunde in Prag qualifiziert und über diese als erstes Schweizer Team für den Weltfinal in Manchester. Wir haben gegen die besten U15-Teams der Welt ein Superturnier gespielt. Das war ein unvergesslicher Höhepunkt.

23.05.2025

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Welche Trainer aus deiner Juniorenzeit haben dich denn am meisten geprägt?
Von Werner Mogg und Remo Gaugler konnte ich am meisten lernen, aber auch von Peter Knäbel, der damals Leiter der Nachwuchsabteilung war. Bei Mogg war es das physische Spiel, die Laufarbeit und die Disziplin, die wichtige Punkte waren. Es wurde nicht geduldet, wenn man zu spät kam. Gaugler wollte das Freche aus uns herauskitzeln, aber er forderte auch viel Disziplin im Spiel. Ich denke, alle von uns konnten sehr viel von den beiden profitieren.

Gab es einen bestimmten Moment, in dem dir klar wurde, dass es dir zum Profifussballer reichen würde?
Ab der U18 habe ich mir gesagt, jetzt braucht es noch den wichtigen Schritt in die U21. Der folgte dann ziemlich schnell – zusammen mit Xherdan Shaqiri. Wir mussten zwar immer wieder in der U18 aushelfen, aber trainiert haben wir bereits mit der U21. Da merkte ich, dass ich auf einem guten Weg bin und einfach dranbleiben muss. Dann würde es aufgehen mit diesem Traum.

Was weisst du noch von deinem ersten Training mit der ersten Mannschaft?
Das war auf dem Kunstrasen neben der Eishalle. Thorsten Fink war Trainer, Benjamin Huggel, Marco Streller oder Valentin Stocker unter anderen die grossen Spieler damals. Ich habe sie zunächst noch alle beim Nachnamen angesprochen. Sie haben mir dann alle sehr schnell das «Du» angeboten. Ich war natürlich sehr nervös, wollte aber einfach mein Bestes geben. Und das ist mir auch gelungen.

Samstag, 24.05.2025

Impressionen aus Taulant Xhakas Karriere

Video: FC Basel 1893

Du kamst damals ja mit deinem Bruder Granit in die erste Mannschaft. Welche Erinnerungen sind dir von gemeinsamen Einsätzen geblieben?
Es waren vor allem Testspiele – Ernstkämpfe leider weniger. Ich kann mich aber sehr gut an das erste Tor von Granit in der Meisterschaft erinnern. Er hat von Anfang gespielt, ich sass auf der Bank. Beim Torjubel ist er direkt zu mir gekommen und wir feierten gemeinsam. Das werde ich niemals vergessen. Ich schaue mir das Video immer wieder einmal an und kriege immer noch Gänsehaut.

Was für Erinnerungen hast du an deinen ersten Ernstkampf mit dem FCB?
Das war im Cup gegen den FC Mendrisio-Stabio – ein einschneidendes Erlebnis. Ein Traum ging in Erfüllung.

Weisst du noch, gegen wen du zum ersten Mal ein Ligaspiel bestritten hast?
Das war doch ein Auswärtsspiel gegen den FC Luzern.

Nun könnte dein letztes auch gegen den FC Luzern sein.
Stimmt, daran habe ich noch gar nicht gedacht. Ich wurde damals in der Anfangsphase eingewechselt, weil Behrang Safari sich verletzt hatte. Ich dachte Thorsten Fink würde nun einen Spieler mit mehr Erfahrung bringen, dann hat er mich zum Einlaufen geschickt. Die anderen Spieler, die sich aufwärmten, merkten mir meine Nervosität an. Sie rieten mir cool zu bleiben und so zu spielen, wie ich trainiert hatte, dann würde es schon gut kommen. Die ersten zehn Minuten war ich noch etwas zurückhaltend, aber dann lief es wirklich gut – und das unter anderem gegen einen Spieler wie Hakan Yakin. Wir gewannen dann ja schlussendlich auch. Dass nun mein letztes Meisterschaftsspiel auch gegen den FC Luzern sein wird, ist ein lustiger Zufall.

Im Winter 2012 wechseltest du leihweise zu GC. Was war es für ein Gefühl gegen den FCB zu spielen?
Es war kein gutes Gefühl gegen den eigenen Herzensverein anzutreten. Am liebsten hätte ich meinem Trainer gesagt, dass er mich nicht aufstellen soll. Ich wusste, dass meine Freunde im Stadion sein würden. Die waren natürlich für den FCB, haben aber auch mich unterstützt. Es war wirklich nicht schön. Aber auch aus dieser Erfahrung konnte ich einiges lernen. Die Leihe zu GC war förderlich für meine Entwicklung. Ich kann jedem jungen Spieler hier nur dazu raten, Erfahrungen und Spielpraxis bei einem anderen Verein zu sammeln, wenn er beim FCB nicht so oft zum Einsatz kommt. Danach kann man ja vielleicht immer noch zurückkommen, wie es bei mir der Fall war.

Du warst in diesem Spiel zwar gesperrt, aber wurdest ja dann auch noch Cupsieger mit einem Finalsieg gegen den FCB.
Ich habe das Spiel im Stadion verfolgt und den Moment des Erfolgs kurz genossen. Ich ging danach aber nicht nach Zürich, um zu feiern, sondern nach Hause zu meiner Familie. Ich wusste bereits, dass dies mein letztes Spiel für GC gewesen sein würde. Rund zehn Tage vor dem Spiel hatte ich ein Telefongespräch mit Bernhard Heusler, in dem er mir versichert hatte, dass ich zurückkommen könne.

Und dann spieltest du zwölf Saisons lang für Rotblau. Wann wurde dir bewusst, dass du den FCB nie verlassen würdest?
Es wäre gelogen, wenn ich sagen würde, ich hätte nie vom Ausland geträumt. Als ich von GC zurückkam, hatte ich ein Gespräch mit Murat Yakin. Er wollte mir nichts versprechen, ausser dass jene spielen werden, die am besten trainieren würden. Schlussendlich gehörte ich zu den Spielern mit den meisten Einsätzen. Damit kam auch das Selbstvertrauen. Im Winter 2015 verlängerte ich meinen Vertrag um weitere drei Jahre. Nach Rücksprache mit meiner Familie war mir klar, dass ich dieses Angebot annehmen muss. Ich hätte ja immer noch wechseln können. Als Paolo Sousa dann im darauffolgenden Sommer vom FCB nach Florenz ging, wollte er mich unbedingt mitnehmen. Das Angebot lag auf dem Tisch. Paolo hat mich mehrmals persönlich angerufen und kam nochmals nach Basel, aber im tiefsten Innern hätte sich ein Wechsel nicht richtig angefühlt. Ich hatte hier ja alles, konnte im Europacup sowie um Titel spielen und spürte die Wertschätzung der Fans. Mir war klar, dass ich dieses Gesamtpaket sonst nirgends bekommen würde.

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Du hast das Spiel in Liverpool 2014 als «das geilste» deiner Karriere beschrieben. Was sind deine Erinnerungen, wenn du daran zurückdenkst?
Im Hinspiel hatte ich die Flanke für Marco Streller zum 1:0 geschlagen. Im Rückspiel wussten wir, dass uns ein Punkt reichen würde fürs Weiterkommen. Wir wurden im Anfield von unseren Fans getragen. Nach einer Viertelstunde merkten wir, dass es super für uns lief. Ich sah es in den Augen meiner Mitspieler, dass es möglich sein würde diesen Punkt zu gewinnen. Und das ist uns dann ja auch gelungen.

Ein anderes Highlight war sicherlich der Halbfinal in der Conference League gegen Fiorentina im Joggeli. Wenn es diesmal auch nicht so gut ausging.
Wir hatten eine so gute Ausgangslage und kassieren dann in letzter Minute dieses Gegentor. Es war sehr emotional und man spürte die Enttäuschung bei allen im Stadion, weil wir so nahe an einem Penaltyschiessen gewesen sind. Ich hatte Marwin Hitz bereits gesagt, dass wir dieses gewinnen würden. Aber das ist eben der Fussball, wo Freude und Enttäuschung so nahe beieinander sind. Ich durfte sehr viele spezielle Nächte mit dem FCB erleben, die unvergesslich sind. Ich hoffe für den FCB, dass er solche in der kommenden Saison wieder erlebt. Das wäre gerade für die jungen Spieler im Kader wichtig. Daher sage ich jetzt, arbeitet hart, denn für solche Moment lohnt es sich wirklich. Diese Partien verleihen einem Selbstvertrauen. Wenn man weiss, dass man international mit den Besten mithalten kann, spielt man auch in der Liga automatisch besser. Du spürst dann auch keine Müdigkeit wegen der Doppelbelastung, weil du so stark unter Adrenalin stehst. Gerade, wenn du noch jung bist.

Weniger gute Erinnerungen hast du aber wohl an die Partie gegen Schachtar Donezk im Finalturnier der Europa League 2020?
Einerseits muss man einfach zugeben, dass Donezk eine Klasse besser war als wir. Und andererseits war es für mich natürlich ein Tiefpunkt wegen meiner Verletzung. Ich spürte sofort, dass etwas nicht stimmt. Ich ging kurz raus, kam wieder aufs Feld und spielte einen Pass, bei dem ich merkte, dass etwas im Knie kaputt ist. Das MRI ein paar Tage später brachte dann die Gewissheit. Es war meine erste grosse Verletzung. Das Band war zwar nur angerissen, aber weil wir die Operation hinausgezögert haben, verlor ich gleich nochmals ein paar Monate und ich hatte immer wieder Schmerzen. Schlussendlich wurde dann doch ein Eingriff nötig und ich fiel ein ganzes Jahr aus.

Dass du dann dein Comeback in Albanien gabst, ist auch ein lustiger Zufall.
Ja, das war auch sehr speziell. Alle sagten mir, dass es sich nach so langer Ausfallzeit so anfühlt, als würde man wieder neu anfangen zu spielen. Das konnte ich nicht glauben, hat sich dann aber bestätigt. Bis man das Timing und das Positionsspiel wieder intus hat und die Angst vor einer erneuten Verletzung ablegt, dauert es. Damit hatte ich zu Beginn zu kämpfen. Ich fragte mich, ob ich nun wirklich so viel verlernt habe. Dieses Gefühl legte sich dann aber zum Glück mit der Zeit. Es war zwar nie mehr gleich wie zuvor, ich war ja auch älter, aber ich bin schlussendlich auf den Fussballplatz zurückgekehrt.

Wo hast du während deiner Verletzung Kraft geschöpft auf dem langen Weg zurück?
Die Physioabteilung hat wirklich sehr gute Arbeit geleistet. Es war aber ganz allgemein nicht einfach, weil meine Verletzung in die Zeit der Corona-Pandemie fiel. Obwohl ich nun Zeit gehabt hätte, konnte ich nun nicht einmal meinen Bruder in London besuchen, um etwas Abwechslung zu haben. Aber ich sagte mir, dass ich mich nun durchbeissen und dann stärker zurückkommen will.

Freitag, 28.05.2021

Näb em Platz: Taulant Xhaka «Recovery Story»

Video: F. Halbeisen / J. Hon / M. Wiedemann

Was hast du von den verschiedenen Trainern mitgenommen? Gibt es einen, den du besonders hervorheben möchtest?
Ich konnte von jedem etwas mitnehmen. Urs Fischer war sicher einer der besten Trainer, die ich je hatte. Aber ich muss auch Marcel Koller, Murat Yakin, Paolo Sousa und Heiko Vogel nennen. Fischer war streng, aber neben dem Platz sehr kollegial. Yakin war ein sehr lockerer Typ, ihm war, gerade wenn es lief, der Spassfaktor auch sehr wichtig. Bei Koller stach die unglaubliche Disziplin und organisierte Tagesstruktur hervor sowie seine Stärken in der Kommunikation. Und Paolo Sousa ist einfach ein Fussballfreak. Ich weiss nicht, ob es jeder Spieler mit ihm gut aushält, aber ich hatte es sehr gut mit ihm. Vielleicht auch weil ich manchmal vorgetäuscht habe, dass ich ihn auf Englisch nicht gut verstehen würde (lacht). Dann meinte er, ich solle einfach Fussball spielen. Vogel ist menschlich und fachlich auf einem sehr hohen Niveau und hat sehr interessante Ideen, wie er Fussball spielen lassen will.

Und wie sieht es diesbezüglich mit Mitspielern aus?
Da gab es so viele: Mein Bruder Granit, Breel Embolo, Marco Streller, Alex Frei, Benjamin Huggel, Valentin Stocker, Fabian Frei, Matías Delgado, David Abraham oder jetzt wieder Xherdan Shaqiri, um nur ein paar zu nennen. Man konnte von allen etwas mitnehmen, auch wenn sie alle auf anderen Positionen spielten. Und was eben auch so speziell ist, es sind alles verschiedene Charaktere. Xherdan ist beispielsweise ein wenig ein Lausbub, mit dem man herumalbern kann, aber der dann voll fokussiert ist, wenn es ernst gilt. Mein Bruder ist sehr diszipliniert und zielgerichtet. Delgado ist ein lockerer südländischer Typ. Ich bin dankbar dafür, dass ich mit so vielen tollen Spielern und Meschen in einer Mannschaft war.

Mit welchen Gefühlen schaust du jetzt deinem Karriereende entgegen? Auch ein Stück weit mit Vorfreude auf etwas Neues?
Ich beginne langsam zu realisieren, dass es auf das Ende zugeht. Bei meinem letzten Spiel im Joggeli gegen Luzern werde ich sicher sehr emotional sein. Meine ganze Familie und meine Freunde werden hier sein und das Stadion ausverkauft. Ich habe so viel erlebt in meiner Karriere und das Joggeli war dabei mein Zuhause. Ich werde meine Mitspieler vermissen und den Verein. Aber ich freue mich auch auf ein neues Kapitel. Und man weiss ja nie, was die Zukunft bringt. Ich werde nun mein Trainerdiplom beginnen und vielleicht komme ich ja einmal als Trainer zurück – mit Granit. Das wäre natürlich sehr speziell.

Ein Highlight steht aber noch an nach dem Spiel gegen den FC Luzern.
Klar, der Cupfinal. Sollten wir die Saison mit dem Double abschliessen, wäre das ein Abgang wie aus dem Drehbuch.

Hast du noch eine Nachricht an deine Fans vor deinem letzten Auftritt im Joggeli?
Ich möchte mich bei jedem einzelnen bedanken – bei der Muttenzerkurve sowieso. Sie hat mich von allem Anfang an bis jetzt begleitet. Als ich verletzt war, hängte plötzlich ein Transparent in meinem Garten, das die Fans aufgehängt hatten, als ich schlief. Dort stand in grossen Buchstaben «Gueti Besserig, Tauli – immer eine vo uns». Das hat mich sehr berührt. Ein riesengrosses Dankeschön nochmals an alle für alles. 

Werden wir dich in der kommenden Saison im Joggeli antreffen?
Sicher, ich hoffe, in der Kurve hat es noch einen freien Platz für mich, weil ich sehr gern jedes Spiel von dort aus verfolgen würde.

23.05.2025

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