Mile Sterjovski – effektiv und mannschaftsdienlich

Porträt
Freitag, 19.11.2021 // 14:00 Uhr

Es gab in der Geschichte des FC Basel 1893 Epochen, in denen nicht weniger als drei Australier im Kader der Rotblauen standen. Zuerst war es ein Trio bestehend aus Scott Chipperfield, Ivan Ergic und Ljubo Milicevic. Ein Jahr nachdem Letzterer Basel verlassen hatte sorgte dann 2006 der Zuzug Mile Sterjovskis dafür, dass es wieder ein australisches FCB-Trio gab. Sterjovski, der zweikampfstarke Mann, kam von Lille mit einem guten Leistungsausweis nach Basel. Er wurde in seiner Zeit mit den Rotblauen Schweizer Meister und Cupsieger.

Australien liegt auf der anderen Seite unseres Erdballs. Das Land zwischen dem Indischen Ozean und dem Pazifischen Ozean, welches auf der spannenden Kultur der Aborigines fusst, verfügt über grosse Städte an der Küste, allen voran Sydney, Brisbane, Melbourne, Perth und Adelaide. Die Hauptstadt Canberra liegt im Landesinneren. Zu den Sehenswürdigkeiten zählen das Great Barrier Reef und die Oper von Sydney, das Outback genannte wüstenartige Inland sowie einzigartige Tierarten wie Kängurus, Koalas, Krokodile und Schnabeltiere. Auf fussballerischer Ebene hat dieses Land in den vergangenen Jahren an Weltmeisterschaften mehrfach für Furore gesorgt.

Die Socceroos, welche 1967 vom Journalisten Tony Horstead aus Sydney erstmals so genannt wurden, zählten drei Männer in ihren Reihen, die auch für den FC Basel Ehre eingelegt haben: Ivan Ergic besitzt zwar die australische Staatsbürgerschaft, spielte aber für die serbische Nationalmannschaft. Mile Sterjovski, Ljubo Milicevic und Scott Chipperfield  aber liefen zusammen insgesamt 103 Mal für die australische Nationalmannschaft auf. Von Mile Sterjovski wird im Folgenden die Rede sein.

Mile Sterjovski, ein Australier mit nordmazedonischen Wurzeln, verdiente sich bei den Wollongong Wolves seine ersten Sporen ab. Auch FCB-Publikumsliebling Scott Chipperfield war in diesem Club tätig – doch weil die beiden drei Jahre Altersunterschied aufweisen, standen sie in dieser Juniorenzeit noch nicht gemeinsam in einem Team. Mile Sterjovski, der als 17-jähriger in Canberra eine Zeitlang mit Ivan Ergic zusammengespielt hatte, zog dann nach Sydney weiter. Im Jahre 2000 schaffte der beidfüssig starke Fussballer den grossen Coup. Er wurde von einem Club in Europa, dem OSC Lille, zu einer dreiwöchigen Probephase aufgeboten und schliesslich definitiv unter Vertrag genommen.

Tolle Zeiten bei Lille

In Nordfrankreich wurde der junge Mann sogleich gut aufgenommen und ins Team integriert. Grégory Wimbée, Matthieu Delpierre, Grégory Tafforeau, Jean Makoun, Philippe Brunel und Matt Moussilou waren seine bekanntesten Mitspieler. Da Lille am Ende der Saison 2000/2001 in der französischen Ligue 1 den dritten Schlussrang belegte, durfte die Mannschaft in der Champions League mitwirbeln. Und dies gelang gegen starke Gegner wie Manchester United und Deportivo La Coruña ganz gut. Während vollen vier Saisons hielt Mile Sterjovski den Lillois die Treue. Dann lief sein Vertrag aus – er war ablösefrei zu haben. «Ich hatte eine gute Zeit in Lille, aber nach vier Jahren strebte ich einen Wechsel an, weil ich noch etwas Neues sehen wollte», kommentiert er seine damalige Situation.

Kam auch dank der Vermittlung seines Landsmanns Scott Chipperfield zum FCB: Mile Sterjovski.

Und dann schaltete sich der FC Basel ein und meldete sein Interesse an. Die Verbindung für Sterjovski zu Basel hatte der australische Midfielder Scott Chipperfield hergestellt, der zu dem Zeitpunkt bereits beim FC Basel zu den wichtigsten Akteuren zählte. Es ist verbürgt, dass Scotty in dieser Sache mit Trainer Christian Gross gesprochen hat und sich für eine Verpflichtung von Sterjovski stark gemacht hat. So streifte sich Mile Sterjovski im Mai 2004 erstmals das rotblaue Leibchen über. «Ich fühlte mich von Beginn weg wohl in Basel und lernte die Stadt schon bald besser kennen», erklärt er. «Unseren Lebensmittelpunkt hatten wir damals in Rheinfelden».

Quicklebendig und polyvalent

Beim FCB kam Mile Sterjovski in der Folge auf den verschiedensten Positionen zum Einsatz. Von Haus aus war er offensiver Mittelfeldspieler, er konnte aber problemlos auch als Sturmspitze im Zweiersturm oder sogar als Mittelstürmer gebracht werden. Dies machte ihn für Trainer Christian Gross zu einem dankbaren Joker, den er jederzeit mit einem Spezialauftrag aufs Feld schicken konnte. Sterjovski stand immer seinen Mann.

Die fetten Schlagzeilen überliess der ebenso sympathische wie bescheidene Zeitgenosse gerne den anderen, also zum Beispiel Murat Yakin, Daniel Majstorovic, Matías Emilio Delgado, Christian Giménez, Julio Hernàn Rossi, Mladen Petric, Scott Chipperfield und Ivan Rakitic. Abseits vom Scheinwerferlicht verrichtete er quicklebendig und mannschaftdienlich seine Arbeit: Bälle erobern, Gegenangriffe einleiten, in die Spitze vorstossen, Tore schiessen. In diesen Bereichen erwies sich Mile Sterjovski als enorm wertvoll – so war er dann auch auf seine ureigene, unermüdliche Art und Weise an manchen rotblauen Jubelstunden mitbeteiligt. 

Highlights in Europa

Wenn man Mile Sterjovski auf FCB-Partien im europäischen Kontext anspricht, dann weiss er kaum wo anfangen und wo aufhören. Eindrucksvoll war für ihn sicher der Match im San Siro in Mailand. Der von sage und schreibe 10'000 Bebbi-Fans angefeuerte FCB verlor an diesem Sommerabend gegen das Star-Ensemble von Inter Mailand mit 1:4, wobei Sterjovski zwischenzeitlich der Anschlusstreffer zum 1:2 gelungen war. Ganz gute Erinnerungen hat der Aussie beispielsweise an die beiden Erfolge über Feyenoord Rotterdam (jeweils 1:0) und an das 1:1 auf Schalke – zu einer Zeit, als Schalke 04 im deutschen Fussball noch eine Macht war. Freuen kann er sich auch am Heimsieg gegen Werder Bremen (2:1) und an den tollen Auftritten gegen Monaco (1:0 und 1:1) sowie gegen Racing Strasbourg (2:0 und 2:2).
 

Matías Delgado war jener Mitspieler, der bei Mile Sterjovski den grössten Eindruck hinterliess.

Dass man im Viertelfinal gegen Middlesbrough nach einem 2:0 zuhause leider auswärts im Riverside Stadium einen rabenschwarzen Tag erwischte und nach einem 1:4 aus der Europa League ausschied, das soll hier nicht unerwähnt bleiben. «Ich erinnere mich noch stark daran. Boro-Stürmer Mark Viduka machte an diesem Match den Unterschied. Er war grosse Klasse», kommentiert Sterjovski. Wer war denn derjenige Spieler, der ihn während seiner ganzen Aktivzeit am meisten beeindruckt hat? Die Antwort kommt sofort: «Matias Emilio Delgado. Er ist ein absolut grossartiger Spieler und auch ein guter Freund von mir.»

Der Match gegen Nancy-Lorraine

Die witzigste Episode in all dieser Zeit ist aber für Mile Sterjovski klar. Das war ganz am Schluss des Heimspiels gegen die AS Nancy-Lorraine. «Unser Goalie Franco Costanzo flog kurz vor Spielschluss nach einem Notbremsefoul vom Feld», schildert Mile diese Szene. «Für ihn ging Feldspieler Mladen Petric zwischen die Pfosten. Und der Clou des Abends war der Umstand, dass Petric beim Penalty richtig spekuliert und den Schuss von Mickaël Chrétien pariert hat». Das Schlussresultat in diesem kapitalen Spiel gegen die Nancéens lautete übrigens 2:2. Für den Treffer zum 2:2 zeichnete Mile Sterjovski höchstpersönlich verantwortlich.

Mladen Petric mit seiner unvergessenen Parade beim Penalty von Mickaël Chrétien.

In seiner dritten Saison mit den Baslern schaffte Mile auch den Cupsieg gegen den FC Luzern. Auch hier ging es spannend zu und her. In einem hin- und herwogenden Match beging Luzerns Torhüter David Zibung beim Stand von 0:0 im Strafraum ein klares Foul an Scott Chipperfield. Man schrieb die 90. Minute. Der tragische Held David Zibung sah für sein Vergehen die rote Karte und musste seinen Platz dem Ersatzgoalie Besnik Zukaj überlassen. Der schwedische Nationalspieler Daniel Majstorovic schritt in der Folge zum Penaltypunkt und donnerte das Leder unhaltbar in die Maschen. Bei den 12'000 FCB-Schlachtenbummlern herrschte Riesenjubel – Basel war zum achten Mal in seiner Vereinsgeschichte Cupsieger.

Wechsel in die Türkei

Am Ende seiner dritten Saison bei den Rotblauen – Ende Mai 2007 – totalisierte der fleissige, durchschlagskräftige Offensivspieler in 34 Spielen insgesamt 15 Skorerpunkte – mehr als Scott Chipperfield, Daniel Majstorovic, Ivan Ergic, Felipe Caicedo und Ivan Rakitic jeweils im gleichen Zeitraum. Einzig Mladen Petric hatte noch bessere Werte als er vorzuweisen.

In seiner letzten Saison beim FCB sammelte Mile Sterjovski 15 Skorerpunkte.

Trotzdem musste Mile Sterjovski den FCB verlassen. Er wechselte in der Folge zu Gençlerbirigi Oftas (Hacettepe) in die Türkei, anschliessend zum Premier-League-Verein Derby County in England und zu verschiedenen australischen Teams. Im Jahre 2014 durfte er mit den Central Coast Mariners im Spätherbst seiner Karriere seinen ersten australischen Meistertitel feiern. 

Fussballschule in Australien

Heute lebt Mile Sterjovski mit seiner Frau Sharon und seinen Kindern Luka, Sonny und Lilly («Alle drei wollen Profis werden») wieder in seiner Heimat Australien. Nach wie vor ist er sehr mit dem Fussball verbunden. Junge Fussballer voranbringen und ihnen mit Rat und Tat zur Seite stehen, das ist sein erklärtes Ziel. Deshalb wirkt er als Co-Trainer beim von Ante Milicic trainierten A-League-Team Macarthur FC. Auch hat er seine eigene Fussballakademie MSFC gegründet, welcher in ein paar Jahren die ersten Profis entspringen sollen. 

Mile Sterjovski mit seinen Kindern bei einem Besuch im St. Jakob-Park im Sommer 2016.

Mile Sterjovski hegt grosse Pläne. «Es kann gut sein, dass da auch Spieler dabei sind, die beim FC Basel spielen könnten», betont er. Und noch etwas ist ihm wichtig: «Mit meiner Familie möchte ich wieder einmal nach Basel kommen. Wir haben great memories dort.» Es sind wunderbare Erinnerungen an spannende Menschen und denkwürdige Erfolge.


Steckbrief

Name: Sterjovski
Vorname: Mile
Geburtsdatum: 27.Mai 1979
Position: Mittelfeldspieler, Stürmer

Vereine: 
Wollongong Wolves Olympic Junior Soccer Club 1985-1988 (Nachwuchs)
Lake Heights JFC 1988-1993 (Nachwuchs)
Wollongong Wolves 1994 (Nachwuchs) 
Australian Institute of Sport 1995 (Nachwuchs)
Wollongong Wolves 1995-1996
Wollongong United 1997
Sydney United 1997-1999
Parramatta Power 1999-2000
OSC Lille 2000-2004
FC Basel 2004-2007
Gençlerbirligi Oftas (Hacettepe) 2007-2008
Derby County 2008-2009
Perth Glory 2009-2012
Dalian Aerbin 2012
Central Coast Mariners 2012-2014

Erfolge: Schweizer Meister 2005 mit dem FC Basel. Cupsieger 2007 mit dem FC Basel. Uhrencupsieger 2006 mit dem FC Basel. Australischer Meister mit den Central Coast Mariners 2013. 
30 Europacupspiele mit dem FC Basel, namentlich gegen Inter Mailand, Feyenoord Rotterdam, Schalke 04, OSC Lille, Werder Bremen, Racing Strasbourg, Roter Stern Belgrad, AS Roma, AS Monaco, Middlesbrough, Blackburn, AS Nancy-Lorraine und Wisla Krakau.  
43 Spiele mit der australischen Nationalmannschaft, acht Tore. Je sieben Spiele mit der U-23 und der U-20 von Australien, insgesamt drei Tore.

Mile Sterjovskis Leistungsdaten beim FCB. Hier klicken


Bisher porträtierte Spieler

Pascal Zuberbühler (28. August 2014), Roland Paolucci (3. Oktober 2014), Christian Giménez (29. Dezember 2014), Martin Andermatt (12. Februar 2015), Nestor Subiat (18. März 2015), Erni Maissen (6. Mai 2015), Eigil Nielsen (16. Juli 2015), Maximilian Heidenreich (4. September 2015), André Sitek (13. November 2015), Papa Malick Ba (13. Januar 2016), Bruno Sutter (26. April 2016), Argemiro Veiga (24. Juni 2016), Carlo Porlezza (6. September 2016), Markus Tanner (10. November 2016) und Martin Jeitziner (14. Februar 2017), Attila Sahin (17.April 2017), Hervé Tum (21. Juni 2017), Arthur von Wartburg (7. September 2017), Scott Chipperfield (15. November 2017), Reto Baumgartner (11. Februar 2018), Walter Mundschin ( 29. März 2018), Thomas Hauser (3. Juni 2018), Stefan Huber (8. August 2018), Adrian Knup (13. Oktober 2018), Alex Nyarko (28. Dezember 2018), Helmut Hauser (28. März 2019), Peter Bernauer (9. Juni 2019),  Marco Zwyssig (21. August 2019) Lars Olsen (15. Oktober 2019), Ottmar Hitzfeld (16. November 2019)z, Thimotée Atouba (30. Januar 2020), Franco Costanzo (22. April 2020), Jörg Stohler (16. Juli 2020), Kurt Stettler (9. Oktober 2020), Mike Speidel (29. Dezember 2020), Örjan Berg (15. April 2021), Hakan Yakin (4. Juni 2021) und Jean Müller (7. September).

Text: Lukas Müller
Fotos: Sacha Grossenbacher

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