Wenn Dribbelkünstler und Vorbereiter Demarmels auf der Flanke loslegte…
Porträt
Dienstag, 28.03.2023 // 17:00
Uhr
In der Ära Benthaus gehörte Otto Demarmels zu den grossen Publikumslieblingen beim FCB. Wann immer er mit Tempo vor dem gegnerischen Strafraum auftauchte, herrschte beim Gegner Grossalarm. In allen Landesteilen der Schweiz fürchteten sie sich vor seinem Speed und vor seinen Tricks im Dribbling. Auch international war Demarmels erfolgreich.
Beim FC Pratteln ist er grossgeworden, mit Jörg Stohler und dessen beiden Brüdern holte er mit den Prattlern einige Lorbeeren in der 2. Liga. Dann wechselte er richtigerweise zum aufstrebenden FC Basel. Von 1967 bis 1982 wirkte Otti Demarmels als aktiver Fussballer bei den Rotblauen. Er blieb dem FCB stets treu und räumte insgesamt sieben grosse Titel ab – sechs Schweizer Meistertitel sowie einen Cupsieg. Und hätte der FCB in den verschiedenen Cupfinals auch nur ein Quäntchen mehr Glück und Erfolg gehabt, hätten es ohne weiteres sogar zehn Titel sein können – womit er punkto Erfolge in chipperfieldsche, huggelsche und strellersche Dimensionen vorgestossen wäre.
Mit dem FC Basel holte Demarmels sechs Mal die Schweizer Meisterschaft und einmal den Schweizer Cup. Ausserdem wurde er auch Alpencupsieger.
Neben dem Fussball ging Otti Demarmels stets einer geregelten Arbeit nach. Zuerst wirkte er beim Sportgeschäft Gerspach, später wechselte er zu Bruno Michaud in die Versicherungsbranche bei der National. Dann machte er sich selbständig, gründete gemeinsam mit einem Kompagnon seine eigene Firma: Demarmels & Partner. Als umsichtiger Versicherungstreuhänder betreute er grössere und kleinere Firmen bei allen Versicherungsfragen. Bei seinen Kunden überprüfte er sorgfältig das Versicherungs-Portfolio und wartete hernach mit einer Komplett-Beratung auf – inklusive Personalversicherungen für die Mitarbeiter. In diesem Berufsfeld war Otti Demarmels jahrelang glücklich. Aus freien Stücken machte er auch nach seiner offiziellen Pensionierung noch ein paar Jährchen weiter. Mittlerweile geniesst er die gewonnene Freizeit mit seiner Familie und insbesondere mit seinen Grosskindern.
Debüt mit Fallrückzieher
Doch jetzt geht unser Fokus voll auf die Zeit beim FC Basel: Dieser Club ist für Otti Demarmels noch immer das Mass aller Dinge. Er hat hier alles erlebt und riesige Erfolge gefeiert. «Wir waren nicht der reichste Verein. Der FCB ist mit den Jahren stetig gewachsen, mit Fussballern aus der Region. Ab und zu spielte ein Ausländer mit, aber sonst waren durchwegs eigene Leute am Werk», resümiert er. 1967 rückte Otti Demarmels nach Jahren in den Junioren in die FCB-Reserven nach – gemeinsam mit Mundschin, Ramseier, Siegenthaler, Paolucci & Co. Wenig später, am 16. September 1967, gelang ihm auf dem Landhof bei seinem Debüt im Fanionteam ein spektakulärer Treffer. «Das war ein Fallrückzieher gegen Young Fellows Zürich», schmunzelt der heute 74-jährige, «die Flanke kam von Helmut Hauser. Es war dies mein erstes Tor, und gleichzeitig war es der letzte offizielle Match des FCB auf dem legendären Landhof.»
In der Meisterschaft (446 Spiele zwischen 1967-1982; nur Fabian Frei und Massimo Ceccaroni haben noch mehr Spiele) und im Schweizer Cup verbuchte Otti Demarmels so manchen Erfolg. In entscheidenden Partien setzte unser Wirbelwind mannigfach Akzente. In Erinnerung bleiben ihm und uns das 4:0 gegen den FCZ 1972 im Joggeli und dann auch der 4:2-Erfolg 1980 gegen denselben Gegner auf dem Zürcher Letzigrund. Beide Mal stand am Schluss für die rotblauen Goldfiessli der Meisterpokal bereit.
Otto Demarmels war auch als dribbelstarker Vorbereiter im Einsatz.
International kam der Mann mit dem oft spitzbübischen Lächeln im Gesicht weit herum und lernte all die Top-Teams kennen. Ob in Belgrad, Brügge oder Glasgow, ob in Amsterdam, Stuttgart oder Madrid, er dribbelte und wirbelte stets unermüdlich für seinen FCB. Gegen die hoch dekorierten Profi-Kicker von Atlético Madrid gelang ihm im Cup der Cupsieger auswärts sogar ein Tor zum 1:1-Endstand. Auch beim 3:0 im UEFA-Cup gegen Glentoran Belfast erzielte er einen Treffer. Beim denkwürdigen 6:4-Heimsieg gegen Brügge anno 1973 und Jahre später beim ebenso sensationellen 4:1 gegen den gleichen Gegner (1980) war er ebenfalls mit von der Partie. Am 22.Oktober 1980 landeten die Rotblauen einen Heimsieg gegen Roter Stern Belgrad. An diesem denkwürdigen Abend, dem notabene letzten Einsatz auf internationaler Ebene für ganz lange Zeit, stand Otti Demarmels ebenfalls im Fanionteam.
«Otti-Otti-Otti»
In der Meisterschaft und im Schweizer Cup legte der quirlige, vom Einsatz her generöse Mittelfeldmann für seine Rotblauen viel Ehre ein. Im Cup musste er nach drei verlorenen Finals allerdings ein Weilchen warten, bis er seinen grossen Auftritt erlebte. Gegen das mit knüppelharten Ex-Zürchern wie Künzli, Bollmann und Münch bestückte Winterthur behielt der FCB im Cupfinal 1975 nach heldenhaftem Match mit 2:1 nach Verlängerung das bessere Ende für sich. Dem omnipräsenten Demarmels gelang hier der wichtige Führungstreffer. Und in der dramatischen Verlängerung präparierte er für seinen Kollegen Walter Balmer von der rechten Seite aus die Massflanke zum stürmisch bejubelten Siegestreffer. In den rotblauen Publikumssektoren herrschte damals eine Stimmung wie Jahre zuvor auf der Basler Winterbahn in der Mustermesse.
Der Mann für die entscheidenden Tore in Meisterschaft, Cup und Europacup.
Auch in den Meisterschafts-Heimspielen im alten Joggeli konnte unsere Nummer 6 dank seinem Durchhaltewillen oft gegen Schluss den Umschwung einleiten oder die Entscheidung herbeiführen. Wenn er jeweils auf der Flanke mit dem Ball am Fuss losmarschierte und zu seinen für die Gegner schwer lesbaren Dribblings ansetzte, dann tönten aus der Muttenzerkurve und vom Bahndamm her tausendfach die «Otti-Otti-Otti»-Anfeuerungsrufe. Erfolge verbuchte Basels Nummer 6 auch im legendären Alpencup-Wettbewerb. Da gelangen ihm gegen die AS Roma (1968) und gegen Hellas Verona (1971) sowie gegen französische Teams wie beispielsweise Olympique Lyonnais (1972), Stade de Reims (1975 und 1978), SC Bastia (1977 und 1981) und den FC Metz (1982) einige vielbeachtete Treffer. Als ganz junger Mann, im gewonnenen Alpencup-Final 1969 gegen den Bologna FC, wurde Otti Demarmels in der 67. Minute für Jürgen Sundermann eingewechselt.
Mittlerweile geniesst Otto Demarmels die gewonnene Freizeit mit seiner Familie.
Ein Leben lang für Rotblau
Bei all seinen belegbaren Erfolgen bleibt Otti Demarmels stets bescheiden. «Ich war nie ein Goalgetter», betont er, «dafür habe ich oft Tore vorbereitet. Stürmer wie Ottmar Hitzfeld, Walter Balmer, Roland Schönenberger und Erni Maissen konnten meine Vorarbeit in Tore ummünzen.» Mit zwei Spielern von damals hat Otti Demarmels immer noch Kontakt. Mit Walter Mundschin trifft er sich jeden Montag zum Tennis spielen. Mit Ottmar Hitzfeld verbindet Otti Demarmels eine lebenslange Freundschaft. Noch heute gehen sie ab und zu bei Franco in Riehen essen. Auch in Hitzfelds besten Trainertagen wurde Otti Demarmels nach Dortmund und nach München von Ottmar Hitzfeld an Spiele eingeladen. Wenn der heutige FCB am Ball ist, fiebert Otti zuhause am Fernseher mit. «Den Rotblauen wünsche ich für die Zukunft in sämtlichen Wettbewerben alles Gute», sagt er.
Name: Demarmels
Vorname: Otto
Geburtsdatum: 29. August 1948
Nationalität: Schweizer
Position: Mittelfeldspieler
Vereine:
FC Pratteln Junioren C und B: Ab 1960
FC Pratteln: 1966-1967
FC Basel 1893: 1967-1982
446 Spiele, 73 Tore für den FCB
Erfolge:
Sechsmal Schweizer Meister, einmal Cupsieger mit dem FC Basel. Ligacupsieger und Uhrencupsieger mit dem FCB. Zahlreiche Europacupspiele und Alpencupspiele mit dem FCB. 16 Länderspiele plus einige Teileinsätze mit dem Schweizer Nationalteam, die heute ebenfalls als offizielle Länderspiele gewertet werden würden.
16 Länderspiele
Otto Demarmels Leistungsdaten beim FCB: Hier klicken
Bisher porträtierte Spieler
Pascal Zuberbühler (28. August 2014), Roland Paolucci (3. Oktober 2014), Christian Giménez (29. Dezember 2014), Martin Andermatt (12. Februar 2015), Nestor Subiat (18. März 2015), Erni Maissen (6. Mai 2015), Eigil Nielsen (16. Juli 2015), Maximilian Heidenreich (4. September 2015), André Sitek (13. November 2015), Papa Malick Ba (13. Januar 2016), Bruno Sutter (26. April 2016), Argemiro Veiga (24. Juni 2016), Carlo Porlezza (6. September 2016), Markus Tanner (10. November 2016) und Martin Jeitziner (14. Februar 2017), Attila Sahin (17.April 2017), Hervé Tum (21. Juni 2017), Arthur von Wartburg (7. September 2017), Scott Chipperfield (15. November 2017), Reto Baumgartner (11. Februar 2018), Walter Mundschin ( 29. März 2018), Thomas Hauser (3. Juni 2018), Stefan Huber (8. August 2018), Adrian Knup (13. Oktober 2018), Alex Nyarko (28. Dezember 2018), Helmut Hauser (28. März 2019), Peter Bernauer (9. Juni 2019), Marco Zwyssig (21. August 2019) Lars Olsen (15. Oktober 2019), Ottmar Hitzfeld (16. November 2019)z, Thimotée Atouba (30. Januar 2020), Franco Costanzo (22. April 2020), Jörg Stohler (16. Juli 2020), Kurt Stettler (9. Oktober 2020), Mike Speidel (29. Dezember 2020), Örjan Berg (15. April 2021), Hakan Yakin (4. Juni 2021), Jean Müller (7. September), Mile Sterjovski (19. November 2021), Behrang Safari (20. Dezember 2021), Peter Marti (16. April 2022), Walter Geisser (6. Juni 2022), Beat Sutter (1. August 2022), René Hasler (27. September 2022), Sèbastien Barberis (7. Dezember 2022) und Peter Nadig (31. Dezember 2022).
Text: Lukas Müller
Farbfotos: Josef Zimmermann