Samir Tabakovic – solid und zweikampfstark

Porträt
Sonntag, 28.12.2025 // 10:00 Uhr

Seine Karriere begann bei FK Sloboda Tuzla und NK Belisce in der obersten Liga Jugoslawiens. Dann erlebte er die Kriegswirren aus nächster Nähe. Als sich ihm die Chance eines Transfers in die Schweiz bot, sagte er zu. Beim FC Basel wurde er glücklich – der FCB schaffte nach Jahren in der Nationalliga B den Wiederaufstieg in die Nationalliga A.

Robert Prosinecki, Dejan Savicevic, Sinisa Mihajlovic (leider viel zu früh verstorben), Predrag Mijatovic, Zvonimir Boban, Davor Suker – gegen all diese prominenten Kicker hat Samir Tabakovic in jungen Jahren gekickt. Am Ende der Spielzeit 1992/93 wurde er von Fachjournalisten zum «Besten Innenverteidiger Kroatiens» gewählt. Genau in dieser Zeit suchte der FC Basel in der Schweiz eine Verstärkung fürs Abwehrzentrum. Admir Smajic und seine Gefährten wussten, dass da in Kroatien ein starker Mann spielt, der sehr überlegt zur Sache geht und im 1 zu 1 kaum einen Zweikampf verliert. So fragte schliesslich Admir Smajic auf Wunsch der FCB-Vereinsleitung den bekannten Journalisten Senad Sinanovic an, ob er die Telefonnummer von Samir Tabakovic heraussuchen könnte. Er konnte, und wenig später weilte Samir Tabakovic in der schönen Schweiz. Aber in allen Landesteilen des damaligen Jugoslawiens tobte damals ein Bürgerkrieg. Nach den ersten Testspielen unter anderem gegen den BSC Old Boys und gegen den 1. FC Kaiserslautern (in Lugano) war für die Vereinsleitung von Rotblau klar: Diesen Mann holen wir zum FCB.

Samir Tabakovic, hier gemeinsam mit FCB-Teamkollege Massimo Ceccaroni, vor einer Partie gegen Lugano auf der Tartanbahn des Stadio Cornaredo.

Sportlich lief alles soweit nach Plan. Aber sonst war es für Samir Tabakovic alles in allem eine schwierige Anfangszeit. «Ich lebte jetzt mit einem einstweilen auf vier Monate befristeten Vertrag in der sicheren Schweiz, meine Familie – und insbesondere die Eltern – musste in der gefährlichen Zone weiter ausharren, bis der schreckliche Krieg zu Ende war. Zeitweise hatte ich keinen Telefonkontakt mehr mit meinem einstigen Zuhause, was mich natürlich sehr belastete.» Hinzu kam die Tatsache, dass sich Tabakovic punkto Fitness her nicht hundertprozentig wohl fühlte. Zum Glück konnte er damals täglich viel lernen. Er lernte Deutsch und Englisch und konnte so mit den anderen FCB-Spielern Kontakt aufnehmen. «Admir Smajic und Vlado Cosic waren wichtige Leute für mich – aber auch Teammanager Gustav Nussbaumer, der mir einen Sprachkurs organisiert hat. Dank diesen FCB-Exponenten kam ich Schritt für Schritt vorwärts».

Aufstieg war erste Priorität

Der FC Basel war damals sportlich gesehen ein schlafender Riese, der seit Jahren immer wieder den Aufstieg gesucht und ihn nicht gefunden hatte. Doch dann war da – nach einer phantastischen Saison 1993/94 – dieser Match gegen den FC Zürich im alten St. Jakob-Stadion. Der Kessel, der mehrere Europacupfinals und auch so manches Länderspiel gesehen hatte, präsentierte sich proppenvoll. 42'126 Zuschauer waren in die Brüglinger Ebene geströmt. «Wir wussten, mit einem Sieg sind wir am Ziel unserer Träume. Unser Trainer Didi Andrey zog alle Register – doch das grosse Derby endete 1:1», erinnert sich Tabakovic. Jetzt stand noch ein weiterer Match in Carouge an, im Stade de la Fontenette. Da es sich um ein Wochenspiel handelte, reisten vergleichsweise wenige Leute mit. Samir Tabakovic verdrehte sich während des Spiels das Knie, doch er biss sich durch. Am Schluss brachen auf Basler Seite alle Dämme. Das 1:1 dank einem Goal von Dario Zuffi genügte für den Aufstieg. Die Rotblauen hatten im Kleinstadion am Genfersee den Husarenstreich realisiert.

Legendäre Meisterfeier

Was am gleichen Tag folgte, war schlicht sagenhaft. Zuerst kam der Charter-Flug der Mannschaft von Genf nach Basel – organisiert von der Crossair. Bei der Ankunft wurden die Basler spätabends auf dem Barfi wie Europacupsieger empfangen. Das Tohuwabohu war immens. «Nie me, Nie me Nati B», so wurde zur Melodie des Gassenhauers «Sierra Madre» gesungen, als die Basler Fussballhelden unter der Leitung von Admir Smajic und Örjan Berg beim Barfi ihre Aufwartung machten. Samir Tabakovic wurde von den Fans überall nach Erinnerungsstücken befragt. «Leibchen, kurze Hosen, Fussballschuhe und Stulpen – ich habe alles verschenkt. Ich war glücklich, dass ich bei diesem grossen Unternehmen mithelfen durfte», schmunzelt er. Der Aufstieg war damals unglaublich wichtig. So konnte, beziehungsweise musste, man es auch verschmerzen, dass man einen knappen Monat vorher im Cuphalbfinal in Basel am unterklassigen FC Schaffhausen gescheitert war.

Nach seiner Aktivkarriere als Fussballer absolvierte Tabakovic die Lehrgänge zur UEFA Pro-Lizenz.

A propos Cup: Den 13. Penalty musste Samir Tabakovic schiessen, der zu Beginn des Elfmeterschiessens als Schütze gar nicht vorgesehen war. «Es war kein guter Penalty von mir. Ich habe zu schwach geschossen», bekennt er selbstkritisch. «Es wäre toll gewesen, im Cupfinal anzutreten. Wir hätten im Endspiel gegen die Grasshoppers eine Chance gehabt. Im Cup ist alles möglich.» Dieses Ausscheiden aus dem Cupwettbewerb tat Samir Tabakovic übrigens noch lange sehr weh. Was manche möglicherweise ausgeblendet haben, ist dies: Samir Tabakovic war nicht der einzige Basler, der an diesem Abend im Penaltyschiessen nicht getroffen hat. Vor ihm war auch der sonst sichere Stürmerstar Dario Zuffi mit seinem Versuch vom Punkt aus gescheitert.

Aufritte auf europäischer Ebene

In dieser Zeit begann sich der FCB langsam aber sicher auf höhere Aufgaben vorzubereiten. Im Sommer 1995/96 war es dann soweit: Der FCB spielte erstmals seit dem 1:0-Heimsieg gegen Roter Stern Belgrad im Cup der Meister (damals waren 30'500 Fans mit dabei) endlich wieder einmal in einem internationalen Wettbewerb. Im UEFA-Intertoto-Cup trafen die Rotblauen auf den Sheffield Wednesday FC. Vor 5’200 Zuschauenden gewann der FCB diese Begegnung mit 1:0, das goldene Tor hatte Alexandre Rey erzielt. In der Folge siegte Basel auch noch auswärts gegen die Polen vom Traditionsclub Gornik Zabrze mit 2:1. Doch die beiden folgenden Partien gegen den Karlsruher SC und in Arhus gingen verloren. Ein Jahr später standen die Bebbi wiederum europäisch im Einsatz. Zwei Siege und ein Remis setzte es damals ab, gegen den FK Schachtar Donezk (2:2), Antalyaspor (5:2 auswärts, dieser Match ging in Isparta vonstatten) und Ataka Aura Minsk (5:0). Und so fieberte man am Rheinknie dem Match in Wolgograd entgegen. SK Rotor hiess der Gegner. In einem hin und her wogenden Kampf vor 20'000 Zuschauenden im Central Stadium mit zwischenzeitlicher 2:1-Führung der von Karl Engel trainierten Basler musste der FCB am Schluss die Überlegenheit der Russen anerkennen. Davide Orlando und Gaetano Giallanza trafen für Basel, für die Gastgeber waren Niederhaus, Jessipow und Weretennikow erfolgreich. Wenig fehlte und die Kicker in den rotblauen Leibchen hätten gegen den Linzer ASK in der K.o.-Phase spielen können – wenn man dann dort gewonnen hätte, wer weiss, was da alles noch passiert wäre.

Grundsolid und agil, zweikampfstark und zuverlässig: Samir Tabakovic.

In all diesen Jahren profilierte sich Tabak, wie ihn seine Kollegen nennen, als korrekt, ehrlich und als konstanter Wert, der fair und gut verteidigt. So hat ihn Michael Martin in der Basler Zeitung einst punktgenau charakterisiert. Noch eine Fussnote zur UEFA-Intertoto-Cup-Partie zwischen Antalyaspor und dem FC Basel. Bei diesem Match stand plötzlich ein neuer Goalie im FCB-Kasten. Es handelte sich um Ike Shorunmu, den späteren nigerianischen Nationalkeeper. Der Standardgoalie Stefan Huber hingegen sass auf der Bank. Weshalb diese Rochade erfolgt ist, und warum diese Aktion gestartet wurde, hat Samir Tabakovic nie erfahren.

Vom Spieler zum Trainer

Nach seiner Zeit in Basel wechselte der solide, zweikampfstarke Abwehrspieler, der Dubrovnik mit seiner pittoresken, durch mächtige Türme verstärkten Altstadt als seine Lieblingsdestination für Ferien bezeichnet, für die Saison 1998/99 zu Waldhof Mannheim. Als Leihspieler bestritt er insgesamt 13 Ligapartien in der Regionalliga sowie fünf Pokalspiele. In der Folge spielte er noch zwei Saisons in der Schweiz. Bei den Challenge Ligisten FC Schaffhausen und FC Wangen an der Aare. «Für mich war immer klar, dass ich weiter im Fussball bleiben möchte. So absolvierte ich die UEFA-Pro-Lizenz. Ich hatte immer wieder verschiedene Angebote als Trainer, aber meine Familie hätte dann zügeln müssen. Das wollte ich ihr nicht zumuten.»

Aktuell ist Samir Tabakovic als Cheftrainer für das Fanionteam von Concordia Basel zuständig.

In den vergangenen Jahren wirkte der ruhige Zeitgenosse bei der U16 und danach bei der 1. Mannschaft des FC Concordia Basel sowie beim FC Black Stars. Gegenwärtig trainiert er wieder das Fanionteam der Congeli. Als Trainer hat er immer wieder Talente hervorgebracht. Der bekannteste von ihnen ist Donat Rrudhani, der unterdessen via Aarau, YB und andere Clubs den Sprung zum FC Sion in die Super League geschafft hat. Zum Schluss noch zwei, drei Dinge aus Samir Tabakovics Familienleben. Mit seiner Frau Amila, die er in Basel kennengelernt und 1996 geheiratet hat, hat er zwei erwachsene Söhne. Amar (24) und Anis (19). Die beiden spielen Fussball zum Plausch. Profis werden sie nicht, aber das ist auch nicht nötig. «Sie haben beide studiert und werden ihren Berufsweg machen.»


Steckbrief

Name: Tabakovic
Vorname: Samir
Geburtsdatum: 24. Oktober 1967
Nationalität: Bosnisch-Herzegowinisch
Position: Innenverteidiger

Vereine:
FK Sloboda Tuzla: 1989-1992
NK Belisce: 1992-1994
FC Basel 1893: 1994-1998
SV Waldhof Mannheim 07: 1998-1999
FC Schaffhausen: 2000-2002
FC Wangen an der Aare: 2002

117 Spiele 2 Tore für den FCB.


Erfolge:

UI-Cup-Partien gegen Sheffield Wednesday FC, Gornik Zabrze SA, Karlsruher SC, Aarhus GF,  FK Schachtar Donezk, Antalyaspor Kulübü (im Atatürk Sehir in Isparta), FK Ataka Aura Minsk und SK Rotor (Wolgograd).

Samir Tabakovics Leistungsdaten beim FCB: Hie​r klicken


Bisher porträtierte Spieler

Pascal Zuberbühler (28. August 2014), Roland Paolucci (3. Oktober 2014), Christian Giménez (29. Dezember 2014), Martin Andermatt (12. Februar 2015), Nestor Subiat (18. März 2015), Erni Maissen (6. Mai 2015), Eigil Nielsen (16. Juli 2015), Maximilian Heidenreich (4. September 2015), André Sitek (13. November 2015), Papa Malick Ba (13. Januar 2016), Bruno Sutter (26. April 2016), Argemiro Veiga (24. Juni 2016), Carlo Porlezza (6. September 2016), Markus Tanner (10. November 2016) und Martin Jeitziner (14. Februar 2017), Attila Sahin (17.April 2017), Hervé Tum (21. Juni 2017), Arthur von Wartburg (7. September 2017), Scott Chipperfield (15. November 2017), Reto Baumgartner (11. Februar 2018), Walter Mundschin ( 29. März 2018), Thomas Hauser (3. Juni 2018), Stefan Huber (8. August 2018), Adrian Knup (13. Oktober 2018), Alex Nyarko (28. Dezember 2018), Helmut Hauser (28. März 2019), Peter Bernauer (9. Juni 2019),  Marco Zwyssig (21. August 2019) Lars Olsen (15. Oktober 2019), Ottmar Hitzfeld (16. November 2019), Thimotée Atouba (30. Januar 2020), Franco Costanzo (22. April 2020), Jörg Stohler (16. Juli 2020), Kurt Stettler (9. Oktober 2020), Mike Speidel (29. Dezember 2020), Örjan Berg (15. April 2021), Hakan Yakin (4. Juni 2021), Jean Müller (7. September), Mile Sterjovski (19. November 2021), Behrang Safari (20. Dezember 2021), Peter Marti (16. April 2022), Walter Geisser (6. Juni 2022), Beat Sutter (1. August 2022), René Hasler (27. September 2022), Sèbastien Barberis (7. Dezember 2022), Peter Nadig (31. Dezember 2022), Otto Demarmels (28. März 2023), Mario Frick (18. Juni 2023) Martin Mullis (20. September 2023) und Alfred Lüthi (22. November 2023), Matías Emilio Delgado (27.12.2023), Admir Smajic (26. März 2024), Marek Suchy (13.6.2024), Jean-Pierre Maradan (11. September 2024), Serge Gaisser (19. November 2024), Birkir Bjarnason (29. Dezember 2024), Cetin Güner (8. Juni 2025), Reto Zanni (7. September 2025) und Roland Schönenberger (15. November 2025).

Text: Lukas Müller

Historische Fotos: Stefan Holenstein

Aktuelle Fotos: Manuel Geisser

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